Handwerk aus Leidenschaft: Carolin Koch geht den Schritt in die Selbstständigkeit und macht ihr Handwerk für Jedermann erlebbar."Der Schmutz an meinen Händen ist Goldstaub"
Da ist es wieder. Das Kribbeln im Bauch.
Jeden Morgen, wenn Carolin Koch durchs Westend geht, breitet sich in ihr das Gefühl von purer Freude aus. Vorfreude auf das, was der Tag für sie bereithält. Neugierde auf die Kunden, denen sie begegnen wird. Und Euphorie, denn seit Oktober vergangenen Jahres hat sie endlich ihren eigenen Laden mit integriertem Atelier im Herzen von Wiesbaden.
Stolz ist die 28-Jährige natürlich auch. Denn nach getaner Arbeit betrachtet sie ihre Hände in dem Wissen, dass der Schmutz an ihren Fingern aus Goldstaub besteht. Carolin Koch ist Goldschmiedin.
Angekommen: Carolin Koch in ihrer Goldschmiede im Wiesbadener Westend. Immer mit dabei ist Mischlingshündin Enni.
Das Handwerk greifbar machen
Von der Blücherstraße aus kann man durch das Schaufenster sowohl in das Geschäft als auch in die Werkstatt schauen. "Das lockt viele Kunden in meinen Laden", erzählt sie. Doch die Kunden seien nicht nur an ihren eigens kreierten Schmuckstücken interessiert – sie seien Neugierig auf das Handwerk. "Meistens zeige ich den Leuten dann mein Atelier und woran ich gerade arbeite. Das beeindruckt sie immer sehr", beschreibt Carolin Koch. In den meisten Fällen würden die Leute noch ergänzen "Das wollte ich auch schon immer mal machen". Wieso eigentlich nicht? Damit man die Besonderheiten des Goldschmiedehandwerks kennenlernen kann, bietet sie Kurse an, in denen man sein eigenes Schmuckstück anfertigt. "Goldschmied scheint insgeheim von vielen Menschen ein Traumberuf zu sein. Durch die Kurse erhalten sie die Möglichkeit, das Handwerk auszuprobieren und den Zauber davon zu erleben", verdeutlicht die 28-Jährige.
Wie Carolin Koch Goldschmiedin wurde
Sie erinnert sich noch, als wäre es gestern gewesen. Der Tag an dem sie beschloss, Handwerkerin zu werden. Die damalige Abiturientin lernte den Beruf der Goldschmiedin während eines Praktikums kennen. "Der Funke ist direkt über gesprungen. Ich hatte keine Zweifel: Das wollte ich werden", blickt Carolin Koch zurück. Nur kurze Zeit später hatte sie den Ausbildungsplatz für ihren Traumberuf in der Tasche. Doch die Reaktionen auf ihren Erfolg waren mehr als enttäuschend. Ihr Lehrer fragte: "Wenn du Handwerkerin werden willst, wieso machst du Abitur?" Das ärgert sie bis heute. Denn nachvollziehen, warum das Abitur eine Berufsausbildung ausschließen soll, kann sie nicht.
Für sie sei ihre Lehre eine gute Grundlage gewesen, von der sie auch während ihres Studiums der Kunstgeschichte und Archäologie an der Universität Mainz nur profitierte. Während sich viele Kommilitonen mit unspezifischen Hilfstätigkeiten finanziell über Wasser hielten, hatte Carolin Koch durch die abgeschlossene Lehre eine Jobgarantie. Zwar eignete sich die 28-Jährige während des Studiums ein breites Wissen an, lernte unter anderem die Technik der Granulation kennen, die sie seither in ihre Arbeiten einfließen lässt, aber nach dem Bachelor of Arts beschloss Carolin Koch, sich voll und ganz ihrem geliebten Handwerk zu widmen.
"Man erschafft etwas mit seinen eigenen Händen und das meist für schöne Anlässe, wie Verlobungen, Hochzeiten oder Geburtstage."
Geduld ist das A und O
Ob es sich lohnt, Goldschmied zu werden? „Auf jeden Fall! Man erschafft etwas mit seinen eigenen Händen und das meist für schöne Anlässe, wie Verlobungen, Hochzeiten oder Geburtstage“, hebt die Handwerkerin hervor. Für sie ist das Goldschmiedehandwerk die perfekte Kombination aus persönlicher Entfaltung, Kreativität und handwerklichem Geschick.
Mitbringen müsse man allerdings die Fähigkeit, sich lange alleine beschäftigen zu können: "Es sollte einem nichts ausmachen, stundenlang am Werktisch zu sitzen und filigrane Arbeiten auszuführen. Meistens bin ich dabei so vertieft, dass ich die Zeit vergesse", sagt sie lachend. Geduld sei also das A und O. Carolin Koch ist auch nach wie vor davon fasziniert, eine sehr ursprüngliche Tätigkeit auszuüben.
Herzklopfen habe sie noch regelmäßig beim Einschmelzen von Metallen. Diese Transformation des Werkstoffes, die Möglichkeit des Gestaltens und die Chance, Metallreste immer wieder verwerten zu können, lässt ihr Herz regelmäßig höher schlagen. Daher sei das Lötgerät auch ihr Lieblingswerkzeug – man kann mit einfachen Mitteln Stücke miteinander verbinden und Neues erschaffen. Mit ihrem Job macht die 28-Jährige viele Leute glücklich. Und das macht Carolin Koch glücklich.
Ihr Handwerk ist ihre ganze Leidenschaft und sollte, wenn es nach der Junghandwerkerin geht, von mehr jungen Menschen ergriffen werden – egal mit welchem Schulabschluss.