Handwerk aus Leidenschaft: Stefanie Seibert bringt ihre Fähigkeiten auf einer der wichtigsten Modewochen der Welt einHinter den Kulissen der New York Fashion Week
Für Friseurmeisterin Stefanie Seibert ist Anfang des Jahres ein Traum in Erfüllung gegangen: Sie konnte ihre Fähigkeiten auf der New York Fashion Week (NYFW), eine der bedeutsamsten Modewochen der Welt, präsentieren. "Eine Fashion Show hinter den Kulissen mit zu erleben ist einfach der Hammer", schwärmte die 34-Jährige, die Inhaberin des Friseursalons "Schnittgefühl" in Dillenburg ist. Um einen Platz im Friseurteam der NYFW hat sie sich nicht beworben, sondern ist über das soziale Netzwerk Instagram mit einer Friseurin in Kontakt getreten, die bereits bei einigen Modenschauen weltweit mitgewirkt hat. Von ihr hat Seibert den Hinweis erhalten, sich an die Organisation "Grenzenlos" zu wenden, die eine Verbindung zu der Vereinigung in Amerika hat, welche die Friseure für die NYFW auswählt. Diesem Tipp folgte die mittelhessische Friseurmeistern – und es lohnte sich, denn ihr wurde das Angebot einer Teilnahme an der NYFW unterbreitet. 24 Stunden hatte sie Zeit, das Angebot anzunehmen. "Natürlich habe ich sofort zugesagt", hob Seibert hervor.
Ein Bootcamp zur Vorbereitung auf den Einsatz in New York
Um sich auf die NYFW vorzubereiten, veranstaltete die Organisation "Grenzenlos" im Vorfeld ein Bootcamp für die 30 Friseurinnen und Friseure, die gemeinsam in den Big Apple reisten. Auch der Art Director der NYFW nahm daran teil. "Wir sollten versuchen, spontaner als üblich zu agieren. So übten wir beispielsweise, Haare ohne Strom oder ohne Licht zu stylen. Tatsächlich hatten wir diese Situation auch in New York. Der Strom ist während der Stylings mehrfach ausgefallen", erinnerte sich Seibert. Eine Show, für die sie Models frisierte, war unter anderem für das Damenunterwäschelable "Adore me", welches zur US-amerikanischen Modemarke "Victoria’s Secret" gehört. "Bei einer Show saß sogar Jennifer Lopez in der ersten Reihe", erzählte die Friseurmeisterin.
In ihrem Arbeitsalltag hat sich die Mittelhessin auf alle Facetten des Blondierens spezialisiert. Auf der NYFW standen andere Fähigkeiten im Vordergrund und es ging vor allem um eins: Schnelligkeit. Folglich zauberte Seibert unter enormem Zeitdruck den Models hohe Pferdeschwänze, abstehende Zöpfe, große Locken mit viel Volumen, Flechtfrisuren und Sleek Looks auf die Köpfe. "Herausfordernd war, dass die Models häufig mehrere Shows an einem Tag gelaufen sind und daher bereits gestylte Haare hatten. Hinter den Kulissen gab es keine Möglichkeit, die Haare zu waschen, weshalb das ganze Haarspray erst einmal ausgekämmt werden musste", erklärte Seibert. In ihrem eigenen Salon verfolge sie die Philosophie, die Haare schonend zu behandeln. "Doch das spielte bei der Fashion Week keine Rolle. Da stand die Haltbarkeit der Frisuren im Vordergrund und die erzielt man am effektivsten mit viel Haarspray", so Seibert weiter. Auch wenn es vor Ort sehr hektisch zuging, plant die Friseurmeisterin für das Jahr 2025 bereits die Teilnahme an einer weiteren großen Fashion Show. "Im nächsten Jahr wird es dann Mailand oder Paris sein", sagte Seibert.
Motivation für angehende Friseurinnen und Friseure
An ihrem Handwerk schätzt sie besonders, dass sie auf der ganzen Welt Arbeit finde und ihr Gewerk zudem durch sein Facettenreichtum besteche. Angesichts dessen bedaure sie sehr, dass die Berufsschule in Dillenburg geschlossen wurde. "Grundsätzlich finde ich es wichtig, dass man sich für einen Beruf entscheidet, bei man die eigenen Fähigkeiten einbringen kann und der Leidenschaft entfacht. Ich kenne viele Menschen, die bereits sonntags geknickt sind, weil sie montags wieder zur Arbeit müssen. Doch dafür ist in meinen Augen das Leben einfach zu schade", so Seibert. Die Friseurmeisterin möchte mit ihrem bisherigen Werdegang junge Leute dazu motivieren, an sich zu glauben und nicht zu schnell aufzugeben. "Ich war in der Realschule keine Überfliegerin, habe aber später in der Berufsschule und im Job immer sehr gut abgeschnitten. Wichtig ist, dass man versteht, dass man erst arbeiten muss, um daraufhin etwas zu erreichen. Es gibt immer Höhen und Tiefen. Während meiner Ausbildung war ich sehr unzufrieden in meinem Lehrbetrieb. Da hätte ich theoretisch auch einfach das Handtuch schmeißen können. Aber stattdessen habe ich meinen Lehrbetrieb gewechselt und mir das Ziel gesteckt, als Innungsbeste die Ausbildung zu beenden. Und das habe ich auch geschafft. Durch solche Erfahrungen wird der Glauben daran gefestigt, dass man vorankommen kann", resümierte Seibert.
Ihren eigenen Salon hat Stefanie Seibert im Februar 2019 eröffnet, nachdem sie im Jahr zuvor die Meisterschule beendete. Als Dozentin hat sie bereits angehende Friseurinnen und Friseure bei den Prüfungsvorbereitungen unterstützt. Zudem ist sie Mutter zweier Kinder im Alter von zehn und acht Jahren.