München, DEU, 13.07.2011 In der Berufsbildungsstätte der Bauinnung München. Überbetriebliche Ausbildung von Lehrlingen. Der Bereich Fliesenleger. Schlagwort(e): Fliesen, Maurerkelle, Werkzeug, Meterstab
argum/Falk Heller

Wichtige Information für Bau- und AusbaubetriebeNeues Bauvertragsrecht ab Januar 2018

Zum 1. Januar 2018 ist das neue Bauvertragsrecht in Kraft getreten. Es beinhaltet zahlreiche Änderungen. So gibt es zum Beispiel bei fehlerhaft geliefertem Material einen Regreßanspruch des Handwerkers gegenüber seinem Lieferanten für die Aus- und Wiedereinbaukosten.  Angepasst wurden die Vorschriften zu Abschlagszahlungen und zur fiktiven Abnahme.  Erstmals gesetzlich geregelt werden die Rechte und Pflichten aus einem Bauvertrag sowie einem Verbraucherbauvertrag. Wir möchten Ihnen an dieser Stelle einen kurzen Überblick über die Neuregelungen geben.

I.  Haftung des Verkäufers für Aus- und Einbaukosten

Hat der Handwerker zur Durchführung seines Auftrages bei seinem Kunden Material beim Lieferanten besorgt, baut er dieses anschließend ein oder bringt es an und zeigt sich danach ein Mangel am Material, so dass es ausgetauscht werden muss, blieb der Handwerker bislang auf den Kosten für den Aus- und den erneuten Wiedereinbau sitzen. Er bekam lediglich das Material ersetzt. Nach der Neuregelung hat der Handwerksbetrieb nunmehr auch einen Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Mängelbeseitigungskosten,  wie Aus- und Einbaukosten, Fahrtkosten, Kosten für erneutes Anbringen von Material beispielsweise Farbe oder Putz.    

Abzuwarten bleibt, inwieweit der Ersatzanspruch in AGB von Herstellern und Lieferanten eingeschränkt werden kann. Ein vollständiger Ausschluss ist jedoch unzulässig.

II. Allgemeine Vorschriften des Werkvertragsrechts

Die allgemeinen Vorschriften gelten sowohl für Werkverträge als auch für alle Bauverträge und Verbraucherbauverträge.

  • Abschlagszahlungen
    Die Höhe der Abschlagszahlungen des Unternehmers orientiert sich künftig nach dem Wert der erbrachten vertragsgemäßen Leistungen wie es bereits aus der VOB/B bekannt ist, insbesondere den vereinbarten Preisen, und nicht mehr nach dem Wertzuwachs für den Besteller. Sind die Leistungen nicht vertragsgemäß, darf der Auftraggeber einen Teil des Abschlages zurückbehalten, regelmäßig das Doppelte der Mängelbeseitigungskosten.
  • Kündigung aus wichtigem Grund
    Eine Kündigung aus wichtigem Grund ist nunmehr für beide Vertragsparteien möglich. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden ein Festhalten am Vertrag nicht zumutbar ist. Dies ist anhand der Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen zu ermitteln. Zuvor muss eine angemessene Frist zur Abhilfe gesetzt worden sein. Nach erfolgter Kündigung muss der Besteller die bis zum Kündigungszeitpunkt erbrachten Leistungen des Unternehmer vergüten. Berechnungsmaß für den Werklohn ist der Leistungsstand. Beide Parteien sind verpflichtet, diesen gemeinsam festzustellen.  Verweigert eine Partei die Mitwirkung, trifft sie die Beweislast für den Leistungsstand zum Zeitpunkt der Kündigung. Die andere Partei kann den Leistungsstand einseitig feststellen.    
  • Abnahmefiktion
    Bislang konnte der Auftraggeber eine Abnahme verhindern, indem er auf das Abnahmeverlangen nicht reagierte oder schwieg. Das ist nun nicht mehr möglich. Bloßes Schweigen führt zukünftig zur fiktiven Abnahme. Voraussetzung ist, dass das Werk fertiggestellt ist, die vereinbarten Leistungen also abgearbeitet sind, unabhängig davon, ob Mängel vorhanden sind und der Unternehmer dem Auftraggeber eine Frist zur Abnahme gesetzt hat.  Reagiert der Auftraggeber nicht oder verweigert er die Abnahme ohne mindestens einen konkreten Mängel zu benennen, gelten die Leistungen als abgenommen. 

    Ist der Auftraggeber ein Verbraucher, muss der Unternehmer diesen zusammen mit dem Abnahmeverlangen in Textform auf die Folgen des Schweigens oder einer ohne Angabe von Mängeln verweigerten Abnahme hinweisen, sonst tritt die Abnahmefiktion gegenüber dem Verbraucher nicht ein.  


III. Bauvertrag

Erstmals wird der Bauvertrag gesetzlich definiert. Dies sind alle Verträge über die Herstellung, die Wiederherstellung, die Beseitigung oder den Umbau eines Bauwerks, einer Außenanlage oder eines Teil davon. Ein Bauwerk ist eine unbewegliche durch Verwenden von Arbeit und Material in Verbindung mit dem Erdboden hergestellte Sache. Ist die Leistung für die Konstruktion, den Bestand oder den bestimmungsgemäßen Gebrauch von wesentlicher Bedeutung, ist auch die Instandhaltung eines Bauwerks als Bauvertrag einzuordnen.

1.  Anordnungsrecht des Auftraggebers

Neu aufgenommen in das gesetzliche Bauvertragsrecht wurde das Anordnungsrecht des Auftraggebers für Leistungsänderungen.  Es erlaubt Auftraggebern, künftig auch nach Vertragsschluss einseitig Leistungsänderungen  festzulegen. Dies gilt sowohl für notwendige als auch nicht notwendige Änderungen.  Notwendige Änderungen zum Erreichen des Werkerfolgs sind solche Maßnahmen, ohne die die vertragliche Leistung nicht mängelfrei erbracht werden könnte. Nicht notwendig sind dagegen solche Änderungen, die lediglich über den geschuldeten Werkerfolg hinausgehen.

In beiden Fällen muss der Unternehmer ein Nachtragsangebot über die Mehr- oder Minderkosten abgeben, es sei denn, die Leistungsänderung ist ihm nicht zumutbar. Hat der Besteller das ursprüngliche Werk geplant, muss der Unternehmer sein Nachtragsangebot erst dann erstellen, wenn der Besteller ihm die entsprechende Änderungsplanung übergeben hat.

Die Vertragspartner sind zunächst verpflichtet, sich gütlich über den Nachtrag zu einigen. Geschieht dies binnen 30 Tagen nicht, kann der Auftraggeber die Leistungsänderung in Textform anordnen und der Unternehmer ist verpflichtet, dieser Anordnung nachzukommen, außer bei Unzumutbarkeit.

 2. Vergütungsanpassung bei Anordnung

Ordnet der Besteller die Leistungsänderung an, hat der Unternehmer künftig einen gesetzlichen Anspruch auf Nachtragsvergütung. Die Höhe seines Nachtragsanspruchs hat er nach den tatsächlich erforderlichen Kosten mit angemessenen Zuschlägen für allgemeine Geschäftskosten, Wagnis und Gewinn zu ermitteln oder er kann auf die Urkalkulation zurückgreifen. In diesem Falle besteht eine widerlegbare Vermutung, dass die Preise des Nachtragsangebots angemessen sind. War der Unternehmer nach dem ursprünglichen Vertrag bereits mit der Planung beauftragt und ist die Leistungsänderung notwendig, um den vereinbarten Werkerfolg überhaupt zu erreichen, erhält der Unternehmer allerdings keinerlei zusätzliche Vergütung.

Einigen sich die Parteien nicht über den Nachtrag, kann der Unternehmer bei vereinbarten oder gesetzlich zustehenden Abschlagszahlungen pauschal 80 % der angebotenen Nachtragsvergütung als Abschlag verlangen. Dieser Nachtrag wird allerdings erst nach Abnahme des Werkes fällig. Die genaue Abrechnung erfolgt mit der Schlussrechnung, so dass der Unternehmer eventuell zu viel gezahlte Mehrvergütung an den Auftraggeber zurückzuzahlen und zu verzinsen hat.

 3.  Einstweilige Verfügung

Streitigkeiten über das Anordnungsrecht des Auftraggebers und über den Vergütungsanspruch des Unternehmers können künftig im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vorläufig geklärt werden. Nach erfolgtem Baubeginn wird die besondere Eilbedürftigkeit vermutet, lediglich die Voraussetzungen des Verfügungsanspruchs müssen glaubhaft gemacht werden.

4.  Sicherungshypothek und Bauhandwerkersicherheit

Das Recht zur Eintragung einer Sicherungshypothek bleibt unverändert. Die Bauhandwerkersicherung kann nach neuem Recht nur noch bei Bauverträgen verlangt werden, dort allerdings auch gegenüber Verbrauchern. Sie ist nicht anwendbar bei Verbraucherbauverträgen mit schlüsselfertiger Erstellung eines Bauwerks.

5. Zustandsfeststellung 

Neu eingeführt wurde auch eine Regelung zur Zustandsfeststellung, die dann zum Tragen kommt, wenn der Besteller die Abnahme unter Angabe von Mängeln verweigert. Er ist dann jedoch verpflichtet, an einer vom Unternehmer verlangten gemeinsamen Zustandsfeststellung mitzuwirken. Die Feststellungen des Zustands der Leistung werden in einem Protokoll aufgeführt, das den Tag der Anfertigung enthält und von beiden zu unterschreiben ist. Kommt der Besteller dieser Aufforderung des Unternehmers nicht nach, kann dieser die Zustandsfeststellung auch allein durchführen und stellt dem Auftraggeber anschließend eine Abschrift mit dem Tag der Anfertigung zur Verfügung. Hat der Unternehmer dem Besteller das Werk bereits verschafft und sind bei der Zustandsfeststellung offenkundige Mängel nicht im Protokoll angegeben, wird vermutet, dass  diese nach der Zustandsfeststellung entstanden und vom Besteller zu vertreten sind. Die Beweislast kehrt sich um. 

6. Schlussrechnung

Die Schlussrechnung wird neben der Abnahme Fälligkeitsvoraussetzung für den Werklohn. Sie muss prüffähig sein, also eine übersichtliche Aufstellung der erbrachten Leistungen enthalten, die der Besteller nachvollziehen kann. Begründete Einwendungen gegen die Prüffähigkeit der Schlussrechnung muss der Besteller binnen 30 Tagen erheben, ansonsten wird deren Prüffähigkeit vermutet.

7. Kündigung    

Jeder Bauvertrag muss grundsätzlich schriftlich gekündigt werden. 

IV. Verbraucherbauvertrag

Hierbei handelt es sich um einen neu hinzugekommen Vertragstypus zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher, der den Neubau eines Gebäudes oder erhebliche Umbaumaßnahmen an einem Bestandsgebäude zum Inhalt hat, also die schlüsselfertige Errichtung eines Gebäudes oder eine Komplettsanierung aus einer Hand. Die Beauftragung einzelner Gewerke fällt nicht darunter.

1. Baubeschreibungspflicht

Der Unternehmer ist verpflichtet, dem Verbraucher rechtzeitig vor Abgabe seiner Vertragserklärung eine Baubeschreibung in Textform zur Verfügung zustellen, die Inhalt des Vertrages wird, sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben. In der Baubeschreibung ist das Datum der Fertigstellung oder die Dauer der Baumaßnahme anzugeben.

2. Widerrufsrecht

Der Unternehmer muss den Verbraucher vor Vertragsabschluss über sein Widerrufsrecht und dessen Ausübung belehren. Erfolgt keine Belehrung beträgt die Frist 12 Monate und 14 Tage nach Vertragsschluss.  

3. Abschlagszahlungen

Bei Verbraucherverträgen dürfen Unternehmer Abschläge in Höhe von 90 % der vereinbarten Vergütung inklusive Nachtragsforderungen für die erbrachte Leistung fordern, die restlichen 10 % erst mit der Schlussrechnung nach Abnahme. Zusätzlich hat der Unternehmer dem Verbraucher mit der ersten Abschlagsrechnung eine Sicherheit über 5 % der vereinbarten Gesamtvergütung zu leisten, die zum Beispiel durch eine Bankbürgschaft abgelöst werden kann.

4. Planunterlagen

Der Unternehmer muss diejenigen  Plan- und sonstigen -unterlagen erstellen und dem Verbraucher aushändigen, die dieser benötigt zum Nachweis gegenüber den Behörden, dass das Bauvorhaben mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften  übereinstimmt.  Dies gilt nicht, wenn der Besteller oder der von ihm beauftragte Architekt selbst die wesentlichen Planvorgaben erstellen.

V. Baukammern und Bausenate

Bei den Landgerichten und den Oberlandesgerichten werden spezialisierte Baukammern und spezialisierte Bausenate eingerichtet.

VI. Allgemeine Geschäftsbedingungen

Fraglich ist, ob und inwieweit AGB zu Einschränkungen des gesetzlichen Bauvertragsrechts führen können. Hier gilt es zunächst die weitere Entwicklung abzuwarten. Auch wird zukünftig deutlich stärker zwischen Unternehmern und Verbrauchern zu differenzieren sein.

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RA Markus Bruns, LL.M.

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